Die Null-Ebene

Julian hatte nur einen Schritt zu weit gemacht. Es geschah ohne Vorwarnung, ohne Geräusch, ohne den geringsten Hinweis darauf, dass der Boden hinter der weißen Tür nicht mehr derselbe war wie vor einer Sekunde. Er trat aus dem Licht des Treppenhauses in einen Raum, der kein Raum sein durfte, und spürte im selben Augenblick, wie ihm die Luft hart gegen die Brust schlug, als hätte ihn jemand gestoßen. Die Tür hinter ihm klappte zu, ein kurzer, trockener Klang, der wie ein Schnitt durchs Bewusstsein fuhr. Als er sich umdrehte, war sie verschwunden. Nur eine makellose weiße Wand, glatt wie Glas, ohne Kante, ohne Schatten. Julian rief nach seiner Mutter, erst leise, dann schärfer, mit dem Anflug von Trotz, den Zwölfjährige benutzen, wenn ihnen der Mut entgleitet. Doch die Worte starben in der Luft, als hätte der Raum sie aufgesogen. Und dann bemerkte er, dass der Gang, der sich vor ihm ausstreckte, länger wurde, während er hinblickte. Nicht optisch, nicht wie ein Trick der Augen – länger im tiefsten, erschreckend wahren Sinn. Ein Korridor, der sich ausdehnte wie ein Atemzug. Irgendwo in dieser Stille hörte er ein Geräusch, ganz leise, ein mattes Kratzen, als ob jemand mit der Handfläche über eine verborgene Wand strich und prüfte, wie weit er schon war. Wo immer er sein mochte - er war nicht allein hier.