Die letzte Perversion

Mia Graf schreibt über Lust, wie andere über Erinnerung schreiben – mit Zärtlichkeit, Mut und einer Präzision, die den Atem anhält. Die letzte Perversion versammelt Geschichten, in denen Begehren zu einem Spiegel wird: für das, was wir uns wünschen, fürchten, verleugnen. Frauen, die sich öffnen und verlieren, Männer, die sich in Nähe verwandeln, Körper, die reden, wenn Worte versagen – alles in einer Sprache, die leise beginnt und unter der Haut weiterklingt. In der Titelgeschichte begegnen sich zwei Frauen nach Jahrzehnten wieder – gebrochen, gezeichnet, doch ungebrochen in ihrer Sehnsucht. Zwischen Ritual und Erinnerung entsteht ein letzter Raum der Intimität, zart wie Schmerz und klar wie Abschied. Was früher Leidenschaft war, ist jetzt ein Bekenntnis: zur Macht, zur Fürsorge, zur Liebe, die bleibt, selbst wenn der Körper vergeht. Camilla steht auf ihrer Terrasse, beobachtet die Frau, die sie einst verloren hat – und jene, die sie ihr jede Woche zurückbringt. Unten, in der Bewegung einer fremden Hand, im Zittern eines Schritts, liegt alles, was unausgesprochen blieb. Wenn später die Tür klingelt, wenn zwei Körper sich wiederfinden, ist es kein Beginn mehr, sondern ein stilles Ende – eines, das wärmer ist als Vergebung. Und irgendwo zwischen Seil und Atem, zwischen dem, was erlaubt ist und dem, was bleibt, flackert ein letzter Gedanke auf – vielleicht ist die wahre Perversion nur: zu lieben, bis nichts mehr übrig ist.